Mitbestimmung durch Wahlen – Recht oder Privileg?

Rückblick auf die Online-Fachtagung der Fachstelle Fachpersonal am 11. Mai

„Wahlen sind der Motor der Demokratie. Ein demokratisches System ist gefährdet, wenn ein Teil der Bevölkerung dauerhaft aus den demokratischen Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen ausgeschlossen ist“, so Memet Kilic, Vorsitzender des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats. Er sprach sich für eine Änderung des Grundgesetzes aus: „Alle hier seit mehr als fünf Jahre lebenden Menschen sollen das passive und aktive Wahlrecht auf kommunaler Ebene erhalten.“

Über die positiven Auswirkungen des passiven und aktiven Wahlrechts auf den Zusammenhalt im Betrieb verwies Fessum Ghirmazion, Leiter des Ressorts „Migration und Teilhabe“ der IG Metall: „Im Betrieb dürfen Menschen ohne deutschen Pass nicht nur wählen, sondern sich auch wählen lassen. Diese positiven Erfahrungen von Beteiligung, Solidarität und Chancengleichheit stärken die Zufriedenheit mit der Demokratie“.

Auch Christoph Wesemann, Berufsschullehrer und Vertreter des Projekts „Schule und Rassismus – Schule mit Courage“, betonte den hohen Stellenwert von Wahlen in der berufsschulischen Bildung. Neben den Möglichkeiten vor Ort, wie etwa den Wahlen zur Schüler*innenvertretung und Klassensprecher*innen, müssten aber auch Partizipationsmöglichkeiten außerhalb der Schule thematisiert werden.

Yonca Dege, Projektleiterin der Deutschlandstiftung Integration, wies auf weitere Partizipationsmöglichkeiten, wie die Teilnahme an Demonstrationen oder das Teilen von politischen Beiträgen in sozialen Netzwerken, hin. Der Wille, sich politisch zu beteiligen sei da: „Es liegt an den Parteien, Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen das bestehende Partizipationspotenzial zu stärken.“

Der dreistündige intensive Austausch mit den Referent*innen über die Bedeutung der unterschiedlichen Mitbestimmungsformen zeigte, dass Wahlen für Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft weiterhin ein Privileg sind.

Die Online-Tagung wird seit 2021 vom Verein „Mach‘ meinen Kumpel nicht an – für Gleichbehandlung, gegen Rassismus e.V.“ als Träger der Fachstelle Fachpersonal im Kompetenznetzwerk „Demokratieförderung in der beruflichen Bildung“ organisiert. An der Fachtagung nahmen 40 interessierte Fachkräfte aus der Berufsbildung teil. Gefördert wurde die Veranstaltung vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“.