Zur Bedeutung extrem rechter Zugriffe auf Sozial-, Familien- und Arbeitsmarktpolitiken

Eine Untersuchung mit jungen Menschen am Übergang ins Berufsleben

Die Band „Wir sind Helden“ sang einst „Wir können alles schaffen – wir müssen nur wollen“. Die Musiker*innen thematisieren im Lied, dass eine Vielzahl an Möglichkeiten auch zur Belastung werden und mit der Erfahrung des Scheitern einhergehen kann – dann nämlich, wenn „alle etwas wollen sollen“, die Wahrnehmung der vielen Möglichkeiten also gewissermaßen von jeder und jedem Einzelnen verlangt wird. Das Lied lässt sich als Kritik an der leistungsfixierten Effizienz- und Verwertungslogik lesen, an der Sozial-, Familien- und Arbeitsmarktpolitik im 21. Jahrhundert orientiert ist. Auch extrem rechte Gruppen thematisieren heute mehr denn je die Widersprüche und gesellschaftlichen Verwerfungen, die hieraus resultieren.

Eine Studie am politikwissenschaftlichen Institut der Universität Gießen stellt nun die Frage, ob jene extrem rechten Deutungsangebote im Bereich der Sozial- und Familienpolitiken von jungen Menschen rezipiert werden und wie sie deren Orientierungen und Handlungen beeinflussen. Um dies zu untersuchen, führen die Forscher*innen Gruppendiskussionen mit jungen Menschen, die am Übergang ins Berufsleben stehen. In diesen Diskussionen geht es um die Wünsche und Vorstellungen, die die jungen Menschen für ihr Leben haben, und die Herausforderungen, die sie wahrnehmen. In einem zweiten Schritt erfolgt der Abgleich mit extrem rechten Ansprachen an junge Menschen und inwieweit diese von den Jugendlichen wahrgenommen, angenommen, umgedeutet oder verworfen werden.

Das Forschungsprojekt trägt dazu bei, die Wirkkraft extrem rechter Sinnstiftungsangebote im Zuge sich wandelnder gesellschaftlicher Bedingungen zu verstehen. Ziel ist es, integrierte und evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zu formulieren, auf die Lehrkräfte und andere pädagogisch Tätige in der eigenen Arbeit zurückgreifen können.

Die Ergebnisse des Projektes werden fortwährend auf einer eigenen Projekthomepage im Forschungsverbund dokumentiert und damit einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Für mehr Informationen und Möglichkeiten der Kooperation: www.uni-giessen.de/gerdea.

Kontakt: Juliane Lang und Dr. Marie Reusch, gerdea@sowi.uni-giessen.de.

 

Angaben zu den Personen: Juliane Lang und Dr. Marie Reusch forschen am Institut für Politikwissenschaft der Universität Gießen zu Rechtsextremismus und Geschlechterverhältnissen. Ergebnisse Ihrer gemeinsamen Forschung erschienen zuletzt in der „Zeitschrift Demokratie gegen Menschenfeindlichkeit“ im Schwerpunkt „Geschlechtersensible politische Bildung. Das rechtsextreme Geschlechterbild.“ (Heft 1/2022, Wochenschau-Verlag).